Deswegen ist das Reich der Himmel einem König gleich geworden, der mit seinen Knechten Abrechnung halten wollte. Als er aber anfing abzurechnen, wurde einer zu ihm gebracht, der zehntausend Talente schuldete.
Matthäus 18,23-24
Mit diesen Worten beginnt Jesus ein kurzes Gleichnis zum Thema “Vergebung”. Anlass war eine Frage seiner Jünger: “Herr, wie oft soll ich meinem Bruder, der gegen mich sündigt, vergeben?” (Mt 18,21). Und tatsächlich scheint es uns sehr schwer zu fallen, Unrecht uns gegenüber zu verzeihen. Jesus stellt aber nicht nur klar, dass wir grundsätzlich zur Vergebung anderen gegenüber bereit sein müssen. Er rückt unser – oft verzerrtes – Verständnis von Schuld ins rechte Licht.
Jesus vergleicht Gott mit einem König. Und seine Knechte sind ihm Geld schuldig. In diesem Gleichnis offenbart Jesus also, dass Menschen grundsätzlich Schuldner vor Gott sind. Und besonders auffällig ist hier die Höhe dieser Schuld. Wenn wir aufgrund von Matthäus 20 davon ausgehen, dass ein Tagelöhner einen Denar pro Tag verdient und dieser Knecht ein solcher Tagelöhner war, dann entspricht ein Talent in etwa 6.000 Arbeitstagen, also ca. 20 Jahre! Nun beziffert der Herr Jesus die Schuld dieses Knechts mit 10.000 Talenten. Und zurecht muss man sich fragen: Wie kann man eine solche Schuld anhäufen? Wo ist das ganze Geld hin verschwunden?
Doch wenn dieser Vergleich auf jeden einzelnen Menschen und dessen Schuldverhältnis zu Gott angewendet wird: Stehen wir wirklich so schlecht da? Will die Bibel hier damit sagen, dass meine Schuld vor Gott auch in tausenden von Leben nicht abgezahlt werden könnte? Wann soll das denn passiert sein?
Da dieser aber nichts hatte, um zu bezahlen, befahl sein Herr, ihn und seine Frau und die Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und so zu bezahlen. Der Knecht nun fiel nieder, flehte ihn an und sprach: Hab Geduld mit mir, und ich will dir alles bezahlen.
(Matthäus 19,25-26)
Objektiv betrachtet ist das Versprechen dieses Knechts natürlich völlig absurd. Wie sollte er diese große Summe jemals aufbringen können? Worauf will der Herr Jesus also mit diesem Gleichnis hinaus? Die angedrohte Strafe ist, dass ihm seine ganze Existenz genommen wird. So sollte wenigstens ein Teil dieser Schuld bezahlt werden. Und der Knecht leugnet ja gar nicht, dass es nicht gerechtfertigt wäre. Er fällt vor dem König nieder und bittet um Erbarmen.
Nichts anderes können wir machen, wenn wir uns der Schuldenlast bei Gott bewusst werden. Unter keinen Umständen können wir uns herausreden oder herauskaufen. Das einzige, auf das wir hoffen können, ist Gottes Gnade.
Die Reaktion des Königs: “Der Herr jenes Knechtes aber, innerlich bewegt, ließ ihn frei und erließ ihm das Darlehen.” (Vers 27). Diese unvorstellbar hohe Summe wird dem Knecht geschenkt. Und auch die angedrohte Strafe wird ausgesetzt. Der Knecht ist damit frei von jeder Schuld.
Jesus Christus kam genau aus diesem Grund auf die Erde! Er bezahlte für unsere Schuld, die wir bei Gott haben. “Wer kann [uns] verurteilen? Jesus Christus ist doch für [uns] gestorben, ja noch mehr: Er ist auferweckt und sitzt an Gottes rechter Seite und tritt dort für uns ein.” (Röm 8,34 NeÜ)
Verdient hat das niemand. Denn Gott sieht unsere Schuld vor ihm tatsächlich so an, wie Jesus sie hier im Gleichnis beschreibt: Unvorstellbar und unbezahlbar hoch. Aber gerade deshalb – weil es eben keinen anderen Ausweg gab – sandte er seinen Sohn auf die Erde, um die Menschheit mit sich selbst zu vershöhnen.
Jener Knecht aber ging hinaus und fand einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldete. Und er ergriff und würgte ihn und sprach: Bezahle, wenn du etwas schuldig bist.
(Matthäus 18,28)
Nun kommt Jesus zum eigentlichen Anliegen dieses Gleichnisses: Die fehlende Bereitschaft zur Vergebung. Gott ist offensichtlich bereit uns einen riesigen Schuldenberg einfach zu erlassen, wenn wir ihn um Gnade bitten. Denn dank Jesus Christus ist die Schuld bereits bezahlt. Wir dürfen frei werden von aller Schuld und aller Anklage – bis ins ewige Leben hinein. Wie unscheinbar wirken dagegen oft die Vergehen uns gegenüber…
Und dennoch sind wir nicht bereit, die (im Bilde gesprochen) 100 Denare zu erlassen. Genau genommen ist das auch keine Kleinigkeit. Ein Tagelöhner müsste dafür schließlich einige Monate arbeiten. Das Menschen aneinander schuldig werden dürfen wir nicht herunterspielen. Aber im Vergleich zu dem, was Gott mir vergeben hat, ist es wirklich verschwindend gering. Und wir bekommen es von ihm geschenkt – völlig unverdient. Deshalb dürfen wir gerne unseren “Mitknechten” verzeihen, wenn sie sich an uns verschuldet haben.
Er (Gott) hat uns nicht nach unseren Sünden getan und uns nicht nach unseren Ungerechtigkeiten vergolten. Denn so hoch die Himmel über der Erde sind, ist gewaltig seine Güte über denen, die ihn fürchten!
(Psalm 103,10-11)